Pferdereha Wirtz

Equines Asthma 2: Was die Schulmedizin auf Lager hat

Antje Wirtz • 16. Dezember 2021

Equines Asthma 2: Was die Schulmedizin auf Lager hat

Dein Pferd hat Husten, COB, Equines Asthma oder eine Allergie? Im zweiten Teil der Serie über Equines Asthma wirst du erfahren, wie dir die Schulmedizin - also dein Tierarzt oder deine Klinik - weiterhelfen kann.

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Persönliches Vorwort: Oft erreichen mich Nachrichten von verzweifelten Pferdebesitzern. Und gerade in dieser Woche hatte ich wieder Kontakt mit einer tollen Besitzerin (Falls du das hier liest, grüßen gehen raus an dich und dein Pferd), die mich inspiriert hat, diese persönlichen Worte vorweg zu schieben: Ich verstehe dich. Ich verstehe es wie es ist, ein krankes Pferd zu haben und alles menschenmögliche zu tun, damit es ihm besser geht. Es ist kein Einzelfall, dass ich davon höre, dass Besitzerinnen fast vorm Burnout stehen, da sie morgens vor der Arbeit, direkt nach der Arbeit und am besten auch noch mal kurz vorm ins Bett fallen, in den Stall fahren, um ihr krankes Pferd zu versorgen. Von den finanziellen Aufwänden mal abgesehen, weiß ich, das die seelische Belastung enorm ist. Und ich kann das wirklich sehr gut nachempfinden, weil ich selbst betroffen war und Nachts verheult bei meinem Pony saß und nicht wusste, ob es wieder wird.... Mit Geduld und Spucke wurde es - und letztendlich war es nicht der Lungenschaden, sondern sein natürliches Alter, was seine Lebenszeit begrenzte. Aber ich weiß auch, dass es nicht immer so ein glücklichen Verlauf nimmt. Ich möchte dir - und euch - an dieser Stelle einfach nur sagen, dass ihr einen guten Job macht. Ich tut was ihr könnt. Ihr wühlt euch in Futterpläne rein, ihr optimiert die Haltung bis in die Haarspitzen, kein Inhalationsaufwand ist euch zu viel... Und ich möchte mich heute bei euch - stellvertretend für eure Pferde - bei euch bedanken! Ohne euren Aufwand, eure Liebe und euren Kampfesgeist, wäre so manches Pferd schon längst verloren.


Und an diejenigen, die diesen Kampf vielleicht trotzdem verloren haben: Sei dir gewiss, dein Pferd wusste, dass du das Beste für es rausholst und alles versuchst, damit es ihm besser geht. Auch wenn das manchmal bedeutet zusammen den letzten Weg zu gehen.

Wir kennen es alle - Pony krank - Besitzer unglücklich. Mir ging es jedenfalls so. Jahrelang war ich Besitzerin eines atemwegserkrankten Ponys, und ich bin es noch - aber diesmal habe ich das Problem früh erkannt und früh gegengesteuert, sodass wir keinerlei Probleme haben.


Gerade wenn man die Diagnose Equines Asthma erhält ist einem zu Beginn natürlich nicht bewusst, was auf einen zu kommt, welche Möglichkeiten man hat und welchen Rattenschwanz das noch mit sich zieht.

Stück für Stück möchte ich das Schreckgespent "Equines Asthma" beleuchten und dir nahelegen wohin eure Reise gehen kann und welche Maßnahmen es gibt.


Ich hätte hier übrigens gerne geschrieben, dass ich dem Equines Asthma seinen Schrecken nehmen möchte - das kann ich aber nicht. Diese Krankheit ist IMMER mit Respekt und Argwohn zu betrachten - denn sie ist mitunter tükisch!


Bitte beachte, ich kann hier in einem Artikel natürlich keine pauschalen Empfehlungen geben, so etwas ist immer individuell zu betrachten. Aber ich möchte, dass du einen Überblick darüber hast, welche Möglichkeiten es gibt. Du musst dann selbst abwägen welche Wege du gehen willst - lasse dich dazu auch gern von deinem Tierarzt, deiner Akupunkteuse, deiner Therapeutin und deinem gesunden Menschenverstand beraten!

Wenn du deinen Tierarzt zur Rate ziehst, wird er dein Pferd wahrscheinlich erstmal abhorchen und dazu auch eine kurze Atemnot verursachen, das heiß, er hält z.B. die Nüstern zu, damit das Pferd anschließend schön tief Luft holt. Den Vorgang nennt man Auskultation und er gibt dem Tierarzt die Information darüber, ob Atemgeräusche zu hören sind – also ob z.B. Schleim, der sich bewegt hörbar ist. Danach folgt in der Regen die sogenannte Perkussion. Dabei wird dein Tierarzt ein wenig auf deinem Pferd herumklopfen und dabei wieder genau hinhorchen. So findet er heraus, ob es Areale in der Lunge gibt, die nicht mehr belüftet werden. Er lokalisiert so auch Bereich, wo die Lunge aufgrund von Schleim oder Verkrampfung nicht mehr „entleert“ wird, das heißt – wo du Luft nicht mehr rauskommt. 


Durch die Perkussion kann dein Tierarzt auch beurteilen, wir groß die Lunge ist und wie sie im Verhältnis dazu noch arbeiten kann. 


Dieses Abhorchen stellt die Basis einer jeden schulmedizinischen Therapie dar. 


Dein Tierarzt kann jetzt Schleimlöser, sogenannte Sputolytika / Sekretolytika und Bronchienerweiterer (Bronchospasmolytika) verschreiben, damit Schleim abfließen kann und die Bronchien entkrampfen, damit auch Platz für den Schleim ist, der raus will. Je nach Untersuchungsergebnis kann es auch sein, dass dein Pferd Entzündungshemmer in Form von Cortison nehmen muss. Werden Bakterien in einer Probe (s.u.) gefunden oder ein Infekt festgestellt, kann auch eine Antibiotika behandlung folgen.

Im weiteren Verlauf sollte man überlegen, ob man eine Bronchoskopie machen lässt. 


Bei der Bronchoskopie kann der Zustand der Atemwege direkt beurteilt werden. Es lässt sich prüfen, ob und wie weit Schleim vorliegt und wie stark die Bronchien angeschwollen und gereizt sind. 


Mit der Bronchoskopie kann man auch eine etwas genauere Einschätzung vornehmen, wie weit die Lunge aufgebläht ist, also wieviel Luft nicht mehr rauskommt. 


Wenn man eine Bronchoskopie machen lässt und der Schleim weit genug „oben“ ist, dass er mit dem Bronchoskop auch gesehen werden kann, bietet es sich an, eine Probe des Schleims zu nehmen. 


Bei der Bronchoskopie wird der Schleim aus der Luftröhre entnommen. 

Es kann vorkommen, dass mit dem Bronchoskop kein Schleim zu finden ist, man muss hier aber bedenken, dass das Gerät nicht bis in die feinen Verästelungen der Bronchien, die bis in die Lende des Pferdes reichen, vordringen kann. 


Das Bronchoskop kommt maximal bis zur ersten Verzeweigung der Hauptbronchien.


Ihr könnt euch so eine Bronchoskopie ein wenig wie eine Zahnbehandlung vorstellen. 

Das Pferd wird sediert und das Bronchoskop wird über die Luftröhre in die Bronchien eingeführt. 

Mittels einer Kamera kann man dann live die Bilder verfolgen und beurteilen. 


Viele Praxen bieten diese Untersuchung sogar ambulant an. Ansonsten kann man dafür auch in einer Klinik vorstellig werden. Der Vorteil dieser Untersuchung ist, dass man danach weiß, woran man ist, also wie stark die Lunge verschleimt ist, wie die Schleimhäute aussehen und welche Schweregrad des Equinen Asthmas vorliegt und kann manchmal helfen, die Ursache der Erkrankung enzugrenzen.


Außerdem kann durch die Sekretentnahme und Untersuchung geschaut werden, ob es sich noch um ein IAD oder schon ein RAO handelt. 


Der kleine Nachteil ist, dass eine Bronchoskopie kaum etwas an der Therapie ändert (Haltungsoptimierung, Inhalation, ggf. Medikamente und Futterzusätze).


Neben der Bronchoskopie kann man auch noch ein Spülprobe entnehmen lassen, diese Prozedur ist in etwas genauso aufwändig wie die Bronchoskopie. Dabei wird die Probe aber aus tieferen Arealen der Lunge gewonnen und enthält auch Lungenzellen, was mehr Aufschluss über die Entzündungsmechanismen, und die Bakterien gibt. Dadurch kann man gezielter medikamentös behandeln. Die Sekretanalyse hilft deinem Tierarzt dabei die Lungenerkrankung genauer einzugrenzen und eine gezielte Therapie abzustimmen. 

Mit der Bronchoskopie sind die Möglichkeiten der Diagnostik noch nicht ausgeschöpft

Dann gibt es noch die Blutgasanalyse, die deinem Tierarzt zeigt wie es mit dem Gasaustausch in der Lunge bestellt ist, also wieviel Co2 ausgeatmet werden kann. Die Blutprobe muss nach der Entnahme sehr schnell untersucht werden, daher wird sie oft nur in Kliniken angeboten. Auch ein Lungenfunktionstest wird von einigen Kliniken durchgeführt. Du musst hier immer für dich abwägen, ob der Nutzen den Aufwand rechtfertigt


Viele Praxen bieten mittlerweile auch Allergietests an. Da musst du dir überlegen, in wie Weit dich das Ergebnis weiter bringt. Es ist zwar schön zu wissen, dass dein Pferd auf Polle XY reagiert und auf Futtermilbe Harald – Jedoch ändert dies letztendlich nichts an der Therapie. 


Alle RAO Pferde sind allergisch - die Frage ist nur auf was?


Und die Pollen kriegst du nun mal nicht von dieser Welt. Sollte die Allergie „nur“ den Heustaub / den Ammoniak etc. umfassen, kriegt du dies mit der Optimierung der Haltung ja eh schon gut in den Griff.


Die Allegietests sind heutzutage auch noch nicht zu 100% aussagekräftig. Aber manchen Patientenbesitzern hilft es, wenn sie dem Kind einen Namen geben können. 


Sind Allergien bei deinem Pferd nachgewiesen, kannst du auch eine Desensibilisierung beginnen. Auch diese Therapie solltest du indivuduell mit deinem Tierarzt besprechen.

Dein Tierarzt wird nach der Gründlichen Diagnostik mit dir die individuell die Medikamentöse Therapie besprechen. In erster Instanz sind dies wie bereits erwähnt häufig Schleimlöser und Bronchienerweiterer. 

Manchmal kommt man auch um ein Cortison nicht herum, hier ist welches zum Inhalieren vorzuziehen, sofern möglich und sinnvoll. Das musst du dann mit deinem Tierarzt besprechen.  Gerade wenn eine Hufrehe – Gefahr besteht, ist dies eine Sinnvolle Option, anstatt auf orale Gabe des Cortisons zu zählen. 


In den ersten ein oder zwei Behandlungsintervallen helfen diese Mittel in der Regel auch noch sehr gut. Danach braucht man oft schon höhere Dosen und die Intervalle zwischen den Medikamentengaben verkürzen sich. Wenn die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass man schulmedizinisch nicht mehr anders helfen kann, ist als letzte Option noch eine Lungenspülung möglich, diese belastet den Kreislauf des Pferdes aber sehr stark. Die Lungenspülung ist ein Prozess, der über mehrere Tage durchgeführt wird. Besprich diese Option bitte genau mit deinem Tierarzt oder deiner Klinik und lasse dich beraten. Die Schulmedizin ist gerade in akuten Fällen Gold wert, kommt aber nie an die Ursache / die Wurzel des Problems. Equines Asthma ist laut Schulmedizin nicht heilbar, hier werden lediglich die Symptome kontrolliert. Das allein hat schon eine gute Aussagekraft über die Dramatik dieser Erkrankung. Und ohne deine Mitwirkung wird selbst das nichts werden: Du musst die Haltung und Fütterung optimieren. 



Und weiter?

Wenn die Schulmedizin nicht mehr weiterweiß, wird zumeist (je nach Tierarzt) zu Akupunktur und Kur an der Nordsee – zum Beispiel bei mir - geraten. Ich kann dir hier nur wärmstens empfehlen frühzeitig die Akupunktur und Lasertherapie mit ins Boot zu holen. Ich habe damit gute Erfolge und schon viele Pferde wieder stabilisieren können. 

Hier möchte ich dir auch gleich noch einen Zahn ziehen. Wenn du dich für eine Behandlung mit Akupunktur entscheidest, verabschiede dich von dem Gedanken, dass es mit 1 oder 2 Behandlungen getan ist. Wenn du nachhaltige Erfolge sehen willst, musst du regelmäßige Behandlungen über einige Monate planen – zumindest dann, wenn die Erkrankung bereits länger besteht. 


In einem der nächsten Artikel wirst du erfahren, was du selbst über die Optimierung der Haltung und Fütterung hinaus noch tun kannst, um dein lungenkrankes Pferd zu unterstützen. Ich möchte dir von den verschiedenen Naturheilverfahren berichten und dir erklären, was wie funktioniert.

Das Thema "Equines Asthma / Husten beim Pferd ist sehr umfangreich. Neben einem Überblick zu naturheilkundlichen Therapien kannst du dich auch noch auf eine Episode zu angemessener Bewegung, Inhalationstherapie und auf einen Artikel zum Thema "Feste Lende, Probleme im ISG und der Zusammenhang zum Equinen Asthma" freuen. Gerade letztgenannter enthält garantiert Einblicke in die Problematik, die du so noch gehört hast... ;-)

 

Ich freue mich wenn dir dieser Artikel dir weiter geholfen hat und interessant für dich war. Wenn er dir gefällt, teile ihn.

 

Ich wünsche dir und deinem Pferd einen zauberhaften Tag. 


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